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Die räumliche Dimension agilen Arbeitens


"always room to grow"
Bildquelle: Kyle Glenn, 392519, Unsplash

#Transformation – Teil 6

Wer kennt sie nicht, die Konferenz- und Meeting-Räume mit großen, schweren Tischen in der Mitte. Diese Tische sind so gewaltig, dass sie durchs Fenster angeliefert oder erst im Raum zusammengebaut wurden. Unkaputtbar und unverrückbar. In der Mitte dieser Tische befinden sich dann Knäuel und Wülste, die einen großen Teil der Tischplatte bedecken: Telefonspinnen, LAN-Kabel, Beamer-Kabel mit unterschiedlichen Anschlüssen, die fest im Tisch und im Boden verankert wurden. Um diesen Tisch ist dann gerade genug Platz für Stühle in ähnlicher Massivität. Dass solch ein Setting nicht gut geeignet ist, um agile Methoden umzusetzen, steht außer Frage. Doch andere freie Räume mit einer entsprechenden Größe stehen leider nicht zur Verfügung.


Räume und Gedanken

Der Raum, in dem eine Veranstaltung stattfindet, hat einen größeren Einfluss auf das Ergebnis dieser Veranstaltung, als man annehmen möchte. Daher ist die Frage nach dem Raum eine sehr zentrale. Geht es zum Beispiel darum, Ergebnisse kurz und knapp zu präsentieren und relevante Informationen weiterzugeben, dann ist ein Raum, wie ich ihn in der Einleitung beschrieben habe, sicher unproblematisch. Wer an Meetings und Konferenzen dieser Art häufig teilnimmt, weiß sicher, welches Energie-Level und Kommunikationsniveau auf solchen Veranstaltungen herrscht. Einer präsentiert, die Anderen sind mehr oder weniger aufmerksam dabei – während sie nebenbei Mails beantworten. Wenn man lange genug dabei ist, dann stellt der Kopf automatisch auf Meeting-Modus sobald man den Meeting-Raum betritt: mit halbem Ohr zuhören, den Rest der Energie und Aufmerksamkeit sparen oder auf andere Themen verwenden. Zudem werden in einem solchen Rahmen nicht nur positive Themen besprochen. Auch anstehende Kostensenkung- und Restrukturierungsmaßnahmen oder andere betriebsbedingte Notwendigkeiten werden hier kommuniziert. Wenn all das in diesen Räumen schwebt, kann dann hier wirklich Neues und Innovatives entstehen? Sind die TeilnehmerInnen dann in der Lage, in einen anderen Modus zu wechseln, wenn sie einen solchen Raum betreten?


Nicht, wenn man die Tische nicht verschieben kann! Werden die TeilnehmerInnen immer wieder in dieselbe Situation und physische Position gezwungen, dann rufen sie in der Regel auch immer wieder die gleichen Verhaltensmuster ab – Meeting-Lethargie. Damit in solchen Räumen neue Gedanken entstehen können und etwas Neues gestaltet werden kann, ist es notwendig, die Räume zumindest für den entsprechenden Termin neuzugestalten. Steht ein Tisch unverrückbar in der Mitte, dann ist der Raum für agiles Arbeiten die falsche Wahl und es macht Sinn, sich nach externen Räumen umzusehen. Die Nutzenerwartung, die an Design Thinking-Workshops und Prozesse geknüpft ist, oder an die Konstituierung von SCRUM-Teams, sollte die Kosten für die Anmietung externe Räume deutlich übertreffen, ansonsten macht das ganze Unterfangen wenig Sinn. Es geht mir nicht darum, dass die agilen Teams mehrere Monate in externen Räumen untergebracht werden sollen. Das ist die Ausnahme. Aber es gibt Phasen in agilen Prozessen, in denen es erfolgskritisch ist, die gewohnten Pfade zu verlassen und in ein neues Denken und Arbeiten zu kommen. Das gilt besonders für die sogenannten Ideation- oder Entwicklungsphasen. Hier können die Räumlichkeiten einen entscheidenden Unterschied machen. Wenn ein Unternehmen agile Arbeitsformen erfolgreich umsetzen will, bedeutet das, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wo ein geeigneter Raum dafür eingerichtet oder angemietet werden kann.


Fokussierung setzt ungestörtes Arbeiten voraus

Wie im Teil 3 der Reihe bereits beschrieben, ist ein zentrales Prinzip des agilen Arbeitens die Fokussierung. Alle Mitglieder müssen ungestört am Prozess teilnehmen können. Sie fokussieren sich nur auf ein Projekt, eine Challenge. Wer den Alltag in Unternehmen kennt, weiß, welche Herausforderung das für viele Führungskräfte und Potenzialträger bedeutet. Entweder werden sie aus einem Workshop herausgebeten, um nur eben kurz eine Frage zu beantworten oder ein Problem zu lösen oder sie werden in den Pausen von ihren KollegInnen bestürmt und gedanklich in ganz andere Themen gezogen. Diese Rahmenbedingungen tragen dazu bei, dass die Fokussierung auf ein Thema misslingt. Die gedanklich und auch emotionale Umrüstzeit zwischen den Themen sorgt dafür, dass das Team an Geschwindigkeit verliert und die Ergebnisqualität nicht unbedingt das Potenzial des Teams wiederspiegelt. Wird deutlich, dass die Fokussierung vor Ort nicht gelingt, kann es sinnvoll sein, zumindest bei strategisch kritischen Themen externe Räumlichkeiten zu suchen oder das Team in einem anderen Firmengebäude unterzubringen, um ein ungestörtes Arbeiten zu ermöglichen.


Was macht einen guten Raum aus?

Setzen wir die Möglichkeit ungestört zu arbeiten voraus, dann gibt es einige sehr konkrete Anforderungen an Räume, wenn es um agiles Arbeiten geht. Ein beweglicher, am besten entfernbarer Tisch, ist eine Grundvoraussetzung! Hier gibt es interessante Konzepte, zum Bespiel Tische, die sich mit wenigen Handgriffen in ein Whiteboard und zurück verwandeln lassen. Auch die einzelnen Zonen eines Raumes sollten trennbar sein. Es sollte Raum für ein Plenum, Arbeitsstationen und auch für die Pausen sein. Und das parallel. So kann ohne Umbauarbeiten zwischen den einzelnen Zonen gewechselt werden. Das Team bleibt gedanklich im Fluss. Ausreichend Moderations- und Arbeitsmaterial sowie eine entsprechende technische Infrastruktur sind eigentlich grundlegend, aber nicht immer voraussetzbar. Auch die Farben des Raumes, das Beleuchtungskonzept und ausreichend Fenster für Tageslicht entscheiden maßgeblich über Erfolg und Misserfolg eines Workshops.


Fazit

Die räumliche Dimension ist für das agile Arbeiten eine erfolgskritische Größe. Aktuell wird sie von vielen Unternehmen eher als Nebensächlichkeit behandelt. Es lohnt sich aber, sich mit dem Thema Raum ausführlicher zu beschäftigen. Die Ergebnisqualität hängt nicht zuletzt auch davon ab.

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